167 Jahre Gesang - Tradition und Moderne

Am 22. Februar 1855 unterschrieben 16 Bürger das Gründungsprotokoll des ersten Gonzenheimer „Singverein“ (Alter Verein). Übungslokal war anfangs nicht eine der drei Gonzenheimer Gastwirtschaften, sondern man sang im damaligen Schulhaus, also fast an derselben Stelle, wo auch heute im Vereinshaus wieder gesungen wird.

 

Obwohl es ein reiner Männergesangverein war, nahmen die Frauen doch regen Anteil am Geschehen. Sie spendeten und sammelten Geld für eine Fahne. Am 10. August 1862 konnte die Fahnenweihe stattfinden und das erste Sängerfest in Gonzenheim gefeiert werden.

 

1865 bildete sich in unserer Gemeinde ein zweiter Gesangverein, der „Liederkranz“ (Neuer Verein).
Es war für Gonzenheim eine große Leistung, zwei Gesangvereine zu haben, wenn man bedenkt, dass unser Dorf noch keine 500 Einwohner hatte.

 

Unter seinem zweiten Präsidenten Martin Wagner war der „Alte Verein“ zu einem gemischten Chor geworden. 1880 feierte der „Singverein“ sein 25-jähriges Stiftungsfest.
Auch für den Bruderverein, dem „Liederkranz“ war 1880 ein besonderes Jahr, erhielt er doch seine eigene Fahne, ein Ereignis, das in größerem Rahmen gefeiert wurde.

 

1885 hatte der „Alte Verein“ 23 aktive Sänger, 14 passive Mitglieder und 17 Frauen und Mädchen des gemischten Chores. Der Mitgliedsbeitrag wurde 1886 von 25 und 30 Pfennig angehoben. Auch eine Ausflugskasse war im Verein bereits vorhanden. Die Mitglieder zahlten jede Singstunde 10 Pfennig in diese Kasse ein. Geselligkeit wurde damals schon sehr groß geschrieben. Außer Konzerten gab es im Winter Bälle, während man zur Sommerzeit Ausflüge veranstaltete.

 

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde eine große Zahl von Sängern eingezogen. Bei beiden Vereinen entstanden große Lücken und man schloss sich unter der Leitung vom Konzertmeister Ernst Försterling zu einem Chor zusammen. Nach Ende des Krieges trennte man sich jedoch wieder und jeder Verein ging seine eigenen Wege.

 

Nach 1918 nahm die Polarisierung zwischen den sozialdemokratischen und bürgerlichen Gruppierungen so zu, dass sie in fast alle Lebensbereiche vordrang, auch in den kulturellen Bereich. Dies hatte zur Folge dass sich am 9. Mai 1925 der Arbeitergesangverein „Maiengruß“ als dritter Chor gründete.


Beide bürgerlichen Vereine hatten eine Reihe guter Stimmen an den neuen Verein verloren. Um wieder einen klangvollen Chor zu erreichen, schlossen sich 1927 der „Singverein Gonzenheim“ und der „Gesangverein Liederkranz“ zur „Sängervereinigung Gonzenheim“ zusammen. 1933 wurde im Zuge der Gleichschaltung der Arbeitergesangverein „Maiengruß“ der „Gonzenheimer Sängervereinigung“ angeschlossen.


Mit diesem großen, vielstimmigen Chor konnten viele schöne Erfolge erzielt werden.
1938 holte der damalige Vorsitzende Peter Löchel den Chormeister Fritz Herbert aus Frankfurt nach Gonzenheim, der mit Ausnahme der Kriegsjahre fast 40 Jahre lang die Gonzenheimer Sänger musikalisch führte.


Nach Ende des Zweiten Weltkrieges erwachte unter den früheren Sangesbrüdern wieder der Wunsch, gemeinsam zu singen. Der Sangesfreund Fritz Spuck erreichte beim amerikanischen Ortskommandanten in Bad Homburg die Lizenz für den Gonzenheimer Gesangverein. 1950 erhielt der Verein durch Beschluss der Generalversammlung seinen heutigen Namen „Gesangverein Gonzenheim 1855“.

 

Zum 100-jährigen Bestehen im Jahre 1955 wurde dem Verein vom Bundespräsidenten Prof. Theodor Heuss die Karl-Friedrich-Zelter-Plakette verliehen. Vom 4. bis 6. Juni 1955 wurde groß gefeiert. 25 Vereine mit über 1000 Sängern beteiligten sich am Festzug wie auch an den unterschiedlichsten Auftritten.

 

Das 125-jährige Jubiläum des Gesangvereins wurde 1980 ein großes Ereignis. Das gesamte Fest wurde von der Sänger-Familie in eigener Regie geplant und auch durchgeführt. Für Gonzenheim war es das letzte große Vereinsfest im herkömmlichen Stil. Fast alle Gonzenheimer Familien nahmen daran teil.

 

Findet man auf dem Vereinsbild von 1955 fast ausschließlich Gonzenheimer Gesichter, so hat sich die Zusammensetzung des Chores im Laufe der Zeit sehr gewandelt. Nur wenige der 35 aktuell aktiven Sänger wohnen in Gonzenheim. Auch Sänger/Innen aus dem näheren Umkreis haben hier nun eine neue Heimat gefunden.

 

Ein Höhepunkt unserer Vereinsgeschichte war zweifellos das 150-jährige Vereinsjubiläum, das wir 2005 feiern durften.

Ein Fest, das sich mit 7 Einzelveranstaltungen vom 25. Februar (Kommers) bis zum 02. Dezember (Gemeinsames Chorkonzert mit den Donkosaken) quasi über das ganze Jahr erstreckte.
Das Jahr 2005 wird aber auch noch aus einem anderen Grund als historisch in unsere Vereinsgeschichte eingehen. Es gilt als die Geburtsstunde von „Voice Affair“, einem jungen gemischten Chor, der mit viel Schwung und jugendlicher Energie moderne Töne und Chorliteratur einbringt. Die Gründungsmitglieder haben sich  in einem Gospelprojektchor kennengelernt und fanden beim GVG zunächst unter Leitung von Stefan Laasch eine neue Heimat.


Mit dem entsprechenden Vorstandsbeschluss vom 25. Mai 2005 ist uns ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine auch weiterhin erfolgreiche Zukunft gelungen. So existierten von nun an zwei Chorgattungen parallel in unserem Verein: Der Männerchor und der gemischte Chor "Voice Affair". 2007 übernahm Damian H. Siegmund die Leitung beider Chöre.

Altersbedingt sank die Zahl der Mitglieder beim Männerchor, weshalb er ab 2008 eine Chorgemeinschaft mit dem Matthäy'schen Männerchor Concordia Kirdorf pflegte.

 

Im Jahr 2011 gab es dann eine weitere neue Entwicklung. 16 musikbegeisterte gemischte Stimmen aus "Voice Affair" erarbeiteten sich im Anschluss an die normalen Proben ein Swing-Repertoir aus Swing-, Jazz und Musical und nannten sich 2012 "Sing Tonics" und sind die dritte anerkannte Chorgattung des Vereins.

 

Der Männerchor hat 2019 seine aktive Chorarbeit eingestellt, pflegt aber weiter die Geselligkeit und steht für Geburtstagsständchen zur Verfügung.

 

Seit 2020 ist "Sing Tonics" durch den Wegfall einiger Männer als reine Frauengruppe, die "Sing Tonixen" unterwegs. Perspektivisch soll es aber wieder eine gemischte Formation werden.

 

Der Verein ist mit immer wieder angepassten Probensituationen mit strengem Hygienekonzept gut durch zwei Jahre mit Corona gekommen und hat sogar neue Mitglieder gewinnen können.

 

So ist der Verein aktuell stolz auf die Senioren, auf "Voice Affair" und die "Sing Tonixen", die sich gegenseitig bei Konzerten und Veranstaltungen engagierrt unterstützen.